Radtouren
Mehr Urlaub
Nachdem ich vor drei Monaten die Eltern/Schwiegereltern-Radtour Eschborn - Emmerich - Ahlen - Eschborn gemacht habe, steht noch eine Verwandte auf meiner Radtourzielliste: Meine Schwester wohnt in Berlin. Frankfurt - Berlin müsste eine schöne Tour werden. Etwas lästig sind die der Luftlinie im Weg stehenden deutschen Mittelgebirge, aber die sollten sich weitgehend umfahren lassen. Und vor ein paar Steigungen ist mir nun auch nicht bang, schließlich ist der Taunus vor unserer Haustür mein Alltagsgelände. Grob geplant kann man die Fulda/Weser Richtung Norden fahren, dann auf dem in Höxter kreuzenden R1 nach Berlin. Eine gute Woche sollte reichen. Ende August bot sich die Gelegenheit. Catrin hat grünes Licht gegeben und kümmert sich allein um Haushalt und Kinder. Der Wetterbericht signalisierte eine halbwegs trockene Woche. Die verheerenden Überschwemmungen der Elbe und ihrer Nebenflüsse in Sachsen und Sachsen-Anhalt von Anfang August 2002 liegen soweit zurück, dass zumindest eine Überquerung der Elbe möglich sein sollte. Eines schönen Montagmorgen brachte ich also zunächst Carolin zur Schule, packte meine Satteltaschen und brach auf.
Montag, 26.08.02:Eschborn (Frankfurt am Main) - Fulda
Erst
am Vorabend, nach Carolins großer Lochmühle-Geburtstagsparty,
habe ich mein Gepäck zusammengeworfen. Am Montagmorgen dann noch die üblichen
Kleinigkeiten zusammensuchen und verstauen. Ich nehme Zelt und Isomatte mit
- man weiß ja nie, vielleicht regnet es diesen Sommer ja mal nicht! Telefonisch
in der JH Fulda nach einem Bett gefragt, die konnten mir aber noch nicht zusagen.
Im Zweifelsfall könne ich aber auch im Garten zelten. Was will ich mehr!
Um 9 Uhr fahre ich bei gutem Wetter los. Quer
durch Frankfurt zum Main herunter, wo sich in Form der Museumsuferfest-Aufräumarbeiten
die ersten Hindernisse in den Weg stellen. Bis Hanau geht es unspektakulär
weiter auf dem Mainuferweg. Irgendwann ist auch der hessische R3 ausgeschildert,
dem ich das Kinzigtal hinauf folgen will. Leider hält die Stadt Hanau nichts
von Radwegbeschilderungen, und die Karte im Maßstab 1:150.000 ist für
städtische Ballungsräume nicht detailliert genug. Aber irgendwie fädele
ich mich doch durch das mehrspurige Straßengewirr. Weite Strecken führt
der Radweg dann neben Autobahn und Schnellstraße entlang. Irgendwann passiere
ich das Langenselbolder Dreieck, bekannt aus dem hessischen Verkehrsfunk. Danach
wird die Beschilderung sehr gut: Der Main-Kinzig-Kreis und auch später
der Landkreis Fulda hat hier deutlich mehr Aufwand getrieben als Hanau. Auch
entdecke ich winzige Schildchen eines "Radweges Kinzigtal", der im
wesentlichen meine Route begleitet. Die Sonne scheint! Ich muss mir den kürzlich
freifrisierten Haaransatz sonnencremen und setze später auch die Kappe
auf.
Mittlerweile ist die Radwegführung interessanter, wenn auch nicht immer
synchron mit meiner Karte. Zu meiner Freude haben anonyme Radweg-Aktivisten
dann und wann einige inoffizielle Zusatzhinweise auf den R3 hinterlassen.
Gelnhausen
bietet einen netten Ausblick auf die über dem Ort thronende Marienkirche.
Am Kinzig-Stausee vorbei geht es weiter bis Steinau an der Straße, das
sich mit dem Beinamen "Märchenstadt" schmückt. Immerhin
haben die Gebrüder Grimm ein paar Jahre ihrer Jugend hier verbracht.
Hinter Schlüchtern ist Schluss mit flach: Immer näher sind die Ausläufer
vom Vogelsberg zur Linken und vom Spessart zur Rechten an den Radweg herangerückt.
Jetzt ist die Kinzig am Ende (nun ja, eher am Anfang) und es geht die Landstraße
entlang etwa 6 km anständig aufwärts. Um im Tal der Fliede bis zur
Fulda fahren zu können, muss ich erst den Landrücken dazwischen überwinden.
Die
Alternative zur jetzt radweglosen B40 sind hier schonungslos auf- und abwärts
führende steinige Feldwege, aber alles gut beschildert. Der Weg schlängelt
sich um B40, ICE-Schnellstrecke und alte Bahnstrecke. Weithin sichtbar ist die
riesige Abraumhalde des Kalibergwerkes in Neuhof. Kurz vor Fulda treffen die
hessischen Radwege R1, R2 und R3 zusammen. Fast schon in der Innenstadt angekommen,
merke ich, dass ich an der Jugendherberge vorbeigefahren sein muss. Es ist kein
Schild vom Radweg aus vorhanden! Also wieder ein Stück zurück zur
JH. Platz ist noch für mich im winzigen 4er "Einzelwandererzimmer".
Nochmal herunterfahren zum Stadtrand in eine Pizzeria im Einkaufszentrum "Herkules",
nach 20.00 Uhr wieder zurück in die JH. Hoffentlich sind die Schulklassen
nicht zu laut. Bis zum Einbruch der Dunkelheit sitze ich noch draußen
und lese.
138 km, Netto-Durchschnitt 18,6 km/h (für den Anfang nicht schlecht. Kann
aber noch besser werden!)
© Martin Taplick, 11.09.2002. Letzte Änderung am 08.03.2008